Verena Elisabeth Turin hat das Down-Syndrom und berichtet von ihrer Kindheit und Jugend in Italien (aus dem Jahr 2000)

Auszüge aus Integration von Menschen mit Behinderung – Entwicklungen in Europa, herausgegeben von Maren Hans und Antje Ginnold, erschienen im Luchterhand Verlag, im Jahr 2000

 

S. 172 ff.

 

(K)eine andere Welt?!

Verena Elisabeth Turin

 

Ich stelle mich vor!

 

Guten Tag, ich heiße Verena Elisabeth Turin und lebe in Südtirol (Italien). Vor meiner Taufe hatten meine Eltern ein kleines Problem, wie ich wirklich heißen sollte. Meiner Mutter gefällt Verena sehr gut und meinem Vater gefällt Elisabeth auch sehr gut. Also haben sie diese Namen zusammengetan und haben mich so getauft.

 

Ich bin 147 cm groß und wiege 44 Kilo. Ich habe halblange braune Haare und trage eine Brille. Seit ich 16 Jahre alt bin, habe ich einen Freund. Ich bin sehr sportlich und habe schon einmal in Neumarkt einen Pokal im Dorflauf gewonnen. Manchmal geht es auch im Schwimmen so.

 

Jetzt möchte ich euch erzählen, dass ich Down-Syndrom habe. Meine Augen sehen chinesisch oder japanisch aus. Ich bin sehr stolz auf meine schlanke Figur. Ich bin 20 Jahre alt und bin am 08.12.1979 geboren. Mein Sternzeichen ist Schütze. Bei meiner Geburt war ich nicht größer als eine der Puppen von meiner älteren Schwester Claudia.

 

Kindergarten

 

Vom Kindergarten weiß ich nur, dass ich am Spielplatz im Sandkasten gespielt habe. Es war in Löwenegg in Sterzing. In der Weihnachtszeit hat mir die Tante Monika die Krippe gezeigt. Das weiß ich nur, weil es auf dem Foto drauf ist. Von Tante Margareth und von der Tante Maria weiß ich überhaupt nichts mehr.

 

Volksschule

 

Ich kann mich erinnern, dass ich mich in Religion für die Firmung vorbereitet habe. Einmal haben wir sogar mit dem Herrn Dekan zusammen eine Messe gehalten. Voller Aufregung durfte ich auch noch eine Fürbitte vor den anwesenden Leuten lesen. In der Volksschule hatte ich eine sehr nette Stützlehrerin. Sie heißt Frau Flora und hat mich in Deutsch unterrichtet. In Italienisch hatte ich die Frau Michaela G. als Stützlehrerin. Sie hat mir einfache Bildgeschichten auf italienisch beigebracht. Mit Frau Flora bin ich einmal einkaufen gegangen.

 

Mittelschule

 

Mit elf Jahren habe ich die Mittelschule in Sterzing besucht. Zuerst war für mich alles neu. Unser Klassenlehrer war der Deutschprofessor Johann F. Er brachte uns Lesen und fehlerfreie Briefe zu schreiben bei. Für Mathematik und Naturkunde war Hildegard P. zuständig. Und die anderen Lehrer und Lehrerinnen brachten mir Turnen, Singen, Italienisch und Politik bei. Meistens war ich mit den Klassenkameradinnen zusammen im Klassenzimmer und hörte interessiert dem Lehrer zu. Hin und wieder musste ich mit meinen verschiedenen Stützlehrern aus der Klasse gehen, weil es für sie einfacher war, mir allein in einem winzigen Raum Sachen von Deutsch, Italienisch und Mathematik zu erklären. Eine einzige Stützlehrerin war nicht so leicht auszuhalten, wenn ihr die Geduld ausging und sie mich dann anschrie. Die anderen waren sehr nett und ich konnte gut mit ihnen reden.

Bei der großen Pause lernte ich meinen Freund Michael P. kennen. Er wohnt in Wiesen, nicht weit von mir in Sterzing. Es war eine sehr glückliche und aufregende Zeit mit ihm. Der erste Mundkuss war für mich sehr wunderbar. Es war, als würde er mein Herz besitzen. Er ist ein Jahr jünger als ich. Beim Küssen ist immer er der Chef. Ich lasse mich einfach verführen. Aber nicht von den anderen Jungen, die anfangen sich in mich zu verlieben. Michael hat sehr schöne Augen.

 

Einmal hat mein Turnlehrer mich beim Bodenturnen geprüft. Dort habe ich ihm die Brücke gezeigt und habe ausgezeichnet plus gekriegt. Er hat sich auch gewundert, dass ich sehr gut schwimme. Bei der großen Abschlussprüfung sollte ich in italienischer Sprache eine Bildgeschichte erzählen. Im Naturkundefach habe ich mich freiwillig über das Leben der Schmetterlinge prüfen lassen. Beim Turnen musste ich mit einem Reifen Hula-Hopp vorführen. Der Turnlehrer hat nur gesagt, bei ihm bin ich schon durchgekommen. Ich habe die ganze Zeit immer weiter mit dem Reifen getanzt, bis die Lehrer mich gestoppt haben.

 

Berufsfindungskurs

 

Zuerst musste ich zum Psychologen gehen, der mir Texte, Bildgeschichten, Fragen und Rätsel vorlegte. Zum Schluss hat er mir gesagt, ich sollte den Berufsfindungskurs in Brixen besuchen. Ich bin vier Jahre lang in diese Schule gegangen. Mit 15 Jahren bin ich das erste Mal in diese Schule gekommen. Vom Zugbahnhof musste ich ein Stück weit gehen, weil unsere Schule fast am Rande der Stadt auf einem netten Hügel liegt. Man hat wenigstens einen schönen Blick auf die Stadt.

 

Die Schüler vom Berufsfindungskurs gehen jeden Tag in die Schule, aber sie haben auch drei Praktikumswochen zu machen, z. B. in der Küche, Gärtnerei, im Altersheim, Geschäft usw.

 

Wenn ein Schüler sehr brav und sehr fleißig ist, wird er von den Lehrern für die Arbeitswelt vorbereitet. Dann steigt er auf den Arbeitslehrgang über. Das Gleiche ist mit mir auch passiert. Man geht einmal in der Woche zur Schule. An den übrigen Tagen wird gearbeitet: im Sekretariat, als Schuldiener, als Bibliothekarin, als Arbeitskraft im Buchladen usw. Unsere Lehrer/innen sind alle sehr nett und versuchen, für uns eine richtige fixe Arbeitsstelle zu finden. Ich war die Einzige, die sehr, sehr, sehr gerne zur Schule ging. Meine Lieblingsfächer waren Italienisch, Turnen als eine Art Körperentspannung, Computerschülerzeitung und Schwimmen auf der Seeburg. Es war für mich alles sehr interessant. Zum Turnen und Religionsunterricht gingen wir zum Hauptsitz der Schule. Sie heißt Landesberufsschule für Handel, Handwerk und Industrie. Dort nahmen wir mit anderen Schulkindern am Unterricht teil.

 

Das tägliche Mittagessen nahmen wir  in der nahen gastgewerblichen Berufsschule ein. Dort war auch das Heim, in dem ich wohnte. Vor dem Essen mussten wir uns von der Sekretärin auf eine Liste schreiben lassen, damit die Heimleiter wissen, wie viele Schüler zum Essen kommen. Dann mussten wir uns wie kleine brave Kinder in eine Reihe hintereinander anstellen. Mittwochs kochten wir immer in der Schule selbst und gingen auch selbst einkaufen.

 

Eigentlich hatte ich keine Schwierigkeiten, außer dass ich umgangssprachlich rede. Meine Mitschüler sprechen eben mehr Dialekt. Wenn sie untereinander redeten und einer oder eine sich mit mir unterhalten wollte, sagte der andere: „Sprich doch mit ihr nach der Schrift“. Aber ich wollte es nicht.

 

In Brixen habe ich in einem unterhaltsamen Heim gewohnt, das 400 Schüler aufnimmt, sogar behinderte Jugendliche. Landesberufsschule für Hotel und Gastgewerbe heißt es. Dort lernte ich die Heimleiter/innen kennen. Mit den Heimschülern ist es nicht so leicht zusammen zu leben, weil sie sich necken und sich besaufen mit Bier, raufen und beim Abendessen immer drängen, um das beste Essen zu kriegen und so weiter. Mir hat, weil ungewohnt, das Benehmen der gesunden Jugendlichen irgendwie nicht gefallen. Aber man kann Calcetto, Fußball, Volleyball, Flugball spielen. Es gibt Flöt-, Sing-, Theater-, Schwimm-, Eislauf- und Reitkurse. Wir konnten selber Disco machen oder törggelen am Abend. Mit elterlicher Erlaubnis kann man Pizza essen gehen und bis zehn Uhr ausbleiben. Wenn ein Betreuer eine behinderte Gruppe hat, wird er ganz anders arbeiten als die anderen Heimleiter/innen. So werden eben die Gruppen getrennt. Das Heimleben gefiel mir sehr gut.

Wir sind mit der Klasse nach Rom, Wien, Florenz und München gefahren. Es war interessant und aufregend und lustig. Außerdem war eine Grazer Gruppe im letzten Schuljahr bei uns zu Besuch. Sie hat uns eine Palme geschenkt. Daraufhin sind wir zu sechst nach Graz gefahren. Ich hasse die Abschiede so sehr, weil ich meine Freunde sehr gerne habe.

 

Praktika während des Berufsfindungskurses

 

Zuerst bin ich bei der Seilbahnfabrik in Sterzing im Büro untergebracht worden. Dort musste ich mit dem Computer arbeiten. Ich sollte die komplizierten Tabellen und Listen und Daten eintragen. Es war irgendwie langweilig für mich, fast den ganzen Tag vor dem gleichen Computer zu sitzen. Anschließend kriegte ich meistens Kopfweh. Zur Abwechslung durfte ich die Adressenblätter zu einem Pack Seite für Seite kopieren. Immerhin kam ich mit meinen Mitarbeitern sehr gut aus. Bei diesem Praktikumsort hat es mir aber schon gefallen, es ist nur der falsche Ort um richtig zu arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass ich viel zu viel mit Maschinen gearbeitet habe.

 

Im Rehabilitationsbüro und in der Krankenhausverwaltung von Brixen habe ich auch praktiziert. Dort sollte ich wichtige Formulare und Papiere ausfüllen, abschreiben, fotokopieren, wegfaxen, Post verteilen, unterschreiben lassen, Stellung halten und und und . Anfangs ist meine Lehrerin S. öfters gekommen, um mir die einzelnen Aufgaben zu zeigen. Manchmal schaute sie auch nach, wie es mir bei der Arbeit geht. Dann besprach sie mit dem Arbeitgeber, ob er mit mir zufrieden war.

 

Auch im Sekretariat meiner Schule in Brixen habe ich ein Praktikum absolviert. Dort musste ich Mitteilungen an die Schüler in die Klassen bringen, Briefe zusammenfalten und in Kuverts stecken, wichtige Formulare faxen, fotokopieren, die Lehrerpost in die Fächer geben und sehr viel stempeln. Das habe ich sehr gerne gemacht. Alle Mitarbeiter waren sehr nett.

 

Im Warenhaus und im Altersheim arbeitete ich auch noch. Im Warenhaus musste ich Preisschilder mit einer Preismaschine auf die Ware kleben und diese dann wieder in die Regale zurückstellen. Auch sollte ich diese Regale abstauben und den Fußboden kehren. Außerdem sollte ich aus dem Magazin Kisten mit den Rodeln holen. Diese Arbeit habe ich sehr gerne ausgeführt. Einmal habe ich es auch bei der Kassa versucht, aber das habe ich nicht gerne gemacht, weil ich nicht gut im Rechnen bin.

 

Im Altersheim sollte ich ältere Leute im Rollstuhl in die Kirche schieben, oder vom Rollstuhl auf das Bett heben, Essen eingeben und mit den Nachmittag verbringen. Wir haben gebastelt und Karten gespielt, gehäkelt und so weiter. In der Wäscherei des Altersheims musste ich die Kleidungsstücke bügeln und zusammenfalten und in die eisernen Regale hineinlegen.

 

In der Stadtbibliothek von Sterzing sollte ich bei vielen Büchern den Besitzstempel auf die zweite Buchseite geben. Auch Ausleihnummern, Lesezeichen und Formulare gibt es zu stempeln. Bei den Lesezeichen nehme ich meistens den Öffnungsstempel her. Zuerst müssen die Bücher ganz weiß geputzt werden und anschließend werden sie mit Alkohol gereinigt. Dann werden sie neu eingebunden und die Ausleihfristzettel werden hineingeklebt. Bei den Modezeitungen sollte ich die Ausleihnummern ausschneiden und die Fristzettel herausreißen. Nebenher darf ich auch eine Kassette oder CD anhorchen. Oft muss ich die Stellung halten und das Telefon abheben. Früher habe ich immer die Rückgabe der ausgeliehenen Bücher gemacht. Wenn ein Buch mit verfallenem Datum zu spät zurückgegeben wird, muss man pro Tag 1000 Lire bezahlen. Ich musste auch diese Bücher alphabetisch in die Regale einordnen. Anschließend wird unterschrieben, Post verschickt, fotokopiert und weggefaxt. Es ist fein, viel Arbeit zu haben.

 

Der Tageablauf im Standesamt, meinem jetzigen Arbeitsplatz

 

Wenn man neu ins Standesamt kommt, muss man sich bei der Vizesekretärin melden. Am Anfang bespricht die Lehrerin mit ihr, was der Praktikant alles kann. Meine Lehrerin S. stellt mich auch bei meinen neuen Mitarbeitern vor. Zuerst kriegt man einen Anvertrauungsvertrag. Wenn der Schüler sehr nett und fleißig ist und immer pünktlich kommt, dann kann der Vertrag verlängert werden. Anschließend kriegt man bei der Vizesekretärin eine Stempelkarte. Die Stempeluhr sagt uns, wie spät wir zu der Arbeit kommen und gehen und wie lange wir bei der Viertelstunde Pause bleiben dürfen.

Zuerst soll ich mit dem Computer arbeiten und die roten kleinen Müllsäcke den Kunden verkaufen. Anschließend muss ich die weißen, quadratischen, neuen Ausweise in ein Buch übertragen und dann die wichtigsten Formulare vom Bürgermeister unterschreiben lassen. In der Zwischenzeit soll ich wichtige Blätter wegfaxen, fotokopieren, Post austragen, Stellung halten und Telefondienst machen. Jetzt bereite ich die Müllsäcke für das Steueramt vor. Nach dieser Arbeit ordne ich die genannten weißen Ausweise alphabetisch in die Karteikästchen hintereinander ein. Wenn ein Ausweis verfallen ist, entferne ich die Hülle und werfe sie in den Müllkübel. Und der Ausweis kommt dann in ein Vernichtungsgerät hinein. Sonst könnten die Ausländer, die zu uns geflüchtet sind, sie verfälschen. Von dem Ausweisbuch muss man mit der Hand jede Seite mit komischen Zahlen nummerieren. Das habe ich überhaupt nicht gerne ausgeführt. Sonst die anderen Sachen schon.

Ab und zu geht es bei uns sehr lustig zu, wenn kein Parteienverkehr ist. Der Parteienverkehr ist, wenn Menschen, die in der Gemeinde was brauchen, hereinkommen und z. B. Ausweis, Familienbogen, Todesurkunde, Geburtsanmeldungen brauchen, wenn sie heiraten wollen und und und. Wenn man viel Arbeit hat, dann arbeite ich sehr gerne. In Wirklichkeit habe ich während meiner Arbeit zu viel Sehnsucht nach der Schule, mein Herz hat dabei sehr wehgetan. Einmal habe ich mich sogar im Klo eingesperrt und habe Magen- und Weinkrämpfe gekriegt. Mein Vorgesetzter hat sich inzwischen Sorgen um mich gemacht, weil ich nicht so schnell herausgekommen bin.

 

Freizeit

 

Hinter unserem Haus, im Garten, habe ich von meinem Vater das Rad fahren gelernt. Es war toll. Mein Vater hat das Rad am Gepäckträger hinten gehalten und ich musste lachend auf die Pedale treten. Daneben ist er mit mir mitgelaufen. Zuerst musste ich die Straßenverkehrsregeln kennen lernen, erst dann durfte ich mit dem Rad in die Schule fahren.

 

Von meinen Eltern habe ich schwimmen gelernt. Mein Vater wollte, dass ich bei einem Schwimmlehrer Stunden nehme. So fing es mit den Schwimmwettkämpfen an. In verschiedenen Orten Bruneck, Mantua, Cesena treffen wir uns vor der Schwimmhalle. Dann ziehen wir uns um und warten gespannt, bis wir drankommen. Wenn sie uns aufrufen, müssen wir zum Start gehen. Die Organisatoren erklären uns, welche Reihe, Disziplin und wie viele Längen wir schwimmen müssen. Einer macht den Bauchklatsch und die anderen finden es sehr lustig. Es ist sehr toll, mit meinen Freunden  die Kräfte zu messen. Zum Schluss beglückwünschen wir uns mit Bussis und mit Schulterklopfen. Beim Skikurs ist es auch so lustig zugegangen wie beim Schwimmen. Ich finde es sehr toll, dass wir viele verschiedene Freundschaften  erleben und im Leben brauchen können.

 

Seit Oktober 1998 gibt es unseren Freizeitclub Happy in Brixen. Ich war beim Kastanien essen dabei. Es war lustig und unterhaltsam. Wir neckten uns gegenseitig und lachten zusammen. Wir füllten unsere Bäuche mit Kartoffelsalat, mit Wurst und Krautsalat und natürlich sehr vielen Kastanien. Diesen Abend verbrachten wir mit einer anderen Gruppe vom Unterland. In der Weihnachtszeit hat Michele uns nach Bruneck ins Kino gefahren. Einmal waren wir auch im Alpenzoo in Innsbruck. Was mir gut gefallen hat, war die Reise in den Vergnügungspark Gardaland. Leider sind viele Ausflüge genau am Samstag, wenn ich die Musik-Band-Stunde in Sterzing besuche. Und Musik ist einfach ganz wichtig für mich. Ich finde es ganz toll, dass der Leiter unserer Band-Gruppe Schlagzeuger ist. Er ist Mitglied einer bekannten Rockgruppe, und alle diese Musiker hat er mir vorgestellt. Ich kenne jedes Stück von ihnen auswendig, zumindest den Liedanfang.

 

Als ich noch in Brixen zur Schule ging, besuchte ich auch einen Singkurs und einen Flötenkurs in der Musikschule. Beim Flöten war ich mit einem Mädchen zusammen, das immer einen Vorsprung zu mir hatte. Man soll jeden Tag auf der Flöte üben. Beim Singen lernt man die schöne Aussprache der Liedertexte, die Notenwerte und natürlich auch das Singen. Es machte mir sehr viel Spaß, mit normalen Kindern am Unterricht teilzunehmen. Ich war die bravste Schülerin, weil die anderen mehr geschwätzt haben und nicht zuhören wollten. Manchmal war es auch laut in der Klasse, wo die arme Lehrerin uns anschreien musste, um Ruhe zu schaffen.

 

Ich habe in Brixen auch noch einen Theaterkurs besucht. Leider nur für ein Jahr, weil das mein letztes Schuljahr in Brixen war. Am Anfang war es ein bisschen schwierig, mich mit den nichtbehinderten Jugendlichen zu verstehen. Aber beim Spielen war es toll und lustig. Da musste man z. B. dem Gegenüber ernsthaft tief in die Augen schauen und versuchen nicht zu lachen. Anschließend machten wir Geschicklichkeitsübungen, z. B. vier Stühle nur mit den Füßen hin- und herschieben. Bei dieser Arbeit  mussten wir viel lachen.

Heuer besuche ich zum ersten Mal einen Keybordkurs in Sterzing. So genau weiß ich nicht, wie viele Jahre ich das machen werde, aber ich werde das Spielen nie aufgeben. Ich verbringe mit meiner Lehrerin und meiner Kollegin, die auch eine Grundschullehrerin ist, mit viel Spaß die Stunden. Ab und zu, wenn meine Kollegin die Notentheorie hat, spitze ich die Ohren. Manchmal schaue ich ihr auf die Finger. Ich liebe die Musik, die eine der Lehrerinnen auf dem Klavier spielt. Natürlich bin ich ein bisschen hinten mit den Noten und mit dem Keybord spielen, aber es ist ja erst mein erstes Jahr!

 

 

Einmal im Jahr kommt eine Broschüre für das Sommerprogramm von der Lebenshilfe Bozen heraus. Darin können die behinderten und nichtbehinderten interessierten Teilnehmer auswählen, wo sie gerne hinfahren wollen. Es gibt verschiedene Ferienaufenthalte. Dort, z. B. im Ultental oder im Sarntal oder am Gardasee oder gar in Deutschland in Nordwalde habe ich in den vergangenen Sommern mit einer netten Gruppe zwei schöne Wochen verbracht. Wir sind auf den Berg gestiegen, haben Burgfeste gefeiert, sind etwas trinken oder ins Konzert gegangen, haben in der Disco getanzt. Eis essen, Ansichtskarten schreiben und Stadtbummel machen war auch sehr schön. Wir haben Billard und auch Karten gespielt. Ich finde es sehr toll, ohne Eltern mit einer Gruppe den Urlaub zu verbringen.

 

Wer wissen möchte, warum Inklusion in Deutschland nicht funktioniert, einmal hier klicken.

Bildquelle: www.pixabay.com
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